Das Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik erforscht, was wem warum und unter welchen Bedingungen ästhetisch gefällt und welche Funktionen ästhetische Praktiken und Präferenzen für Individuen und Gesellschaften haben. Die Forschungen widmen sich insbesondere den Grundlagen ästhetisch wertenden Wahrnehmens und Erlebens.
Dazu gehören:
- die Natur der „ästhetischen Lust“ und die verschiedenen Schattierungen ästhetischen Gefallens und „ästhetischer Gefühle“;
- die kognitiven und affektiven Mechanismen, die ästhetisch wertende Wahrnehmung steuern, und ihre neuronalen, physiologischen und behavioralen Korrelate;
- die Handlungsmotivationen ästhetischen Gefallens (wiederholtes Ansehen/Anhören/Lesen, ästhetisch begründete Entscheidungen, „schöne“ Objekte zu kaufen, usw.);
- der ontogenetische Erwerb ästhetischer Präferenzen, ihre Veränderung über die Lebensspanne und ihre historische, kulturelle und individuelle Variabilität;
- das Spektrum historisch und kulturell variabler Begriffe, in denen ästhetische Bewertungen sprachlich erfasst und diskutiert werden (schön, hässlich, erhaben, interessant, faszinierend, poetisch, cool, unheimlich, wunderbar, schauerlich, bewegend, rührend, erschütternd, tragisch, spannend, usw.);
- die Funktionen ästhetischer Praktiken und Urteile für die Entwicklung kognitiver und affektiver Fähigkeiten sowie für subjektives Wohlergehen, Selbst-Konzept und Selbst-Stilisierung von Individuen, für soziale Kommunikation ebenso wie für ökonomisches Handeln;
- ästhetisch gefallende Objekteigenschaften in unterschiedlichen Sinnesmodalitäten (auditive, visuelle und multi-mediale Ästhetik) und Bereichen ästhetischer Praktiken (Malerei, Plastik, Gesang, Instrumentalmusik, Tanz, Sprache, Literatur, Film, Videoclips, Architektur, Mode, Design) sowie in einzelnen Kunstgenres.
Trotz ihrer beeindruckenden Grundlegung durch Gustav Theodor Fechner (1801-1887) hat empirische Ästhetik bis heute eine marginale Stellung inne, sowohl in der akademischen Psychologie als auch in den Kunst- und Literaturwissenschaften. Es ist die Aufgabe des Max-Planck-Instituts für empirische Ästhetik, den vereinzelten, immer wieder abgerissenen Anfängen interdisziplinärer Erforschung des ästhetischen Phänomens eine neue wissenschaftliche und institutionelle Basis zu geben. In einer Lebenswelt, in der ästhetische Erfahrungen und Praktiken, geteilte ästhetische Präferenzen und ästhetisch motivierte Entscheidungen den gesamten Alltag durchziehen, ist systematische Grundlagenforschung zu Wesen und Funktion ästhetischer Praktiken, Bewertungen und Handlungsmotivationen kein schöner Luxus, sondern dringend gefordert.